Page 13 - GB-Herbst 2022
P. 13

Aus der Geschichte unserer Heimat

          Allen Widrigkeiten zum Trotz: Elias Seidel, ein Zwötzener Pfarrer
                                                    Es ist nicht bekannt, wie alt der Geraer
                                                    Elias Seidel war, als er 1685 die Zwöt-
                                                    zener Pfarrstelle antreten sollte, viel-
                                                    leicht Anfang zwanzig. Jedenfalls war
                                                    er Student der Theologie und wurde
                                                    vom Rittergutsbesitzer und Kirchenpa-
                                                    tron Gerhard Günther von Lüschwitz
                                                    als Kandidat präsentiert. Gegen Seidels
                                                    Berufung zum Zwötzener Pfarrer pro-
                                                    testierten aber sowohl  der Leumnit-
                                                    zer Gerichtsherr Georg Gerhard von
                                                    Schauroth als auch die Zwötzener und
                                                    Leumnitzer Gemeindeglieder.
          Die Kirche zu Zwötzen von 1841
                                                    Elias Seidel litt nämlich an einer
          „schlimmen Hand“, weshalb man ihn für ungeeignet zum geistlichen Beruf hielt. Daraufhin zog
          auch der Patron von Lüschwitz seine Präsentation zurück, als hätte er die Behinderung zuvor
          nicht bemerkt.
          Auf Veranlassung des Konsistoriums (reußische Landeskirchenbehörde) untersuchten sowohl
          der Geraer Hof- und Stadtmedikus Zopf als auch der Gerichtsbarbier Bergkmann Seidels Hand,
          und beide erstellten ein günstiges Gutachten. Daher sollte Elias Seidel am Sonntag Invokavit, 8.
          März 1685, seine Probepredigt in Zwötzen halten.
          Noch vorher kam es zu einem erneuten Protest der beiden Gerichtsherren, diesmal auch wegen
          Seidels (nicht näher bezeichneten) üblem Verhalten. Junker von Lüschwitz präsentierte mit dem
          Saalburger Johann Reinholdt sogar einen neuen Vorschlag.
          Allein es nützte nichts, die Probepredigt fand zum angekündigten Termin in Gegenwart des
          Superintendenten Johann Gruve statt. Elias Seidel predigte über Jesu Versuchung (Matthäus
          4, 1–11) und wurde vom Superintendenten lobend beurteilt. Nichtsdestoweniger folgten noch
          weitere Proteste in mündlicher und schriftlicher Form. Die Behörden ließen sich davon nicht
          beeindrucken, Seidel wurde am 8. April 1685 zum Pfarrer von Zwötzen berufen und am 27.
          April bestätigt. Am 2. Juni 1685 bestand er das Examen zum Amtsantritt, wurde tags darauf in
          Gera ordiniert und zog gewissermaßen siegreich als Pfarrer nach Zwötzen.
          Am 3. November 1685 heiratete Pfarrer Seidel in Gera die Weißbäckerstochter Elisabeth Färber,
          die ihm zwei Söhne schenkte, aber bereits nach zweieinhalb Jahren Ehe verstarb.
          1692 erfasste Elias Seidel alle Zwötzener Einwohner und ihre kirchlichen Abgaben in Form von
          Geld, Erbzins, Holz und Korn (wohl Roggen).
          Anfang der 1690er heiratete der Pfarrer eine gewisse Anna Justina Groß, von der sonst nur noch
          bekannt ist, dass sie zwei Mädchen und zwei Jungen das Leben schenkte.
          In Elias Seidels Amtszeit fiel das verhängnisvolle Hochwasser vom 20. Juni 1694. Der große
          Schaden, den die Weiße Elster hinterließ, indem sie sich ein neues Flussbett schuf, hätte durch
                                                                               13
   8   9   10   11   12   13   14   15   16