Page 14 - GB-Herbst 2022
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konsequente Vollendung des Wasserbaus gering gehalten werden können. Dabei beschädigte
        die Flut auch die Friedhofsmauer, riss Gräber mit sich und fügte dem Pfarrgut einen Schaden
        von fünf Scheffeln Land an Garten, Feld, Wiese und Weidigt zu.
        Zum Palmsonntag, 27. März 1695, ordnete deshalb die Landesherrschaft eine Kollekte an. Diese
        fand in der alten Johanniskirche in Gera statt und erbrachte eine Summe von 14 Talern. Da dies
        die komplette Entschädigung der Zwötzener Gemeinde ausmachte, wurde die hiesige Pfarrstelle
        zu einer der geringsten im Land.
        Im Kirchenbuch notierte Pfarrer Seidel:
              Anno 1694 den 20. Juny haben wir allhier in Zwötzen ein ungemein groß Wasser gehabt,
              welches nicht nur meinen Nachbar, Hanß Heylanden, Grund und Boden, do sein Hauß
              gestanden, sambt den Stellen [Ställen] weggeführet; sondern es hat auch von der Pfarre,
              an Pfarrgarten, Feldbau, wiesewachs und weydicht, mehr als 5 Scheffel Feld vom Grunde
              weggeführet und mir, nahmentl. Elias Seideln, domaligen Pfarrer, zum wenigsten an die
              40 fl. [Gulden] Schaden gethan. Welcher Schade wohl hätte können verhütet werden,
              wenn die Nachläßigen faulen Bauern zu rechter Zeit fleißiger an Waßer [also am Hoch-
              wasserschutz] gearbeitet hätten.
        Man veranstaltete Bittgesuche, Lokalbesichtigung, Gutachten, Fronanordnungen und Kollekte –
        alles ohne Erfolg, es passierte nichts in Sachen Wasserbau. Seidel lässt kein gutes Haar an seinen
        Gemeindegliedern:
              [Sie bekümmern] sich das geringste nicht darüber […], ungeachtet sie den Schaden stets
              vor Augen sehen, auch vielmals deswegen von der Canzel mit thränen vermahnet wer-
              den, daß sie nur zur Verwahrung ferneren Schadens einen Pfahl, sonderlichen auf der
              Leubnitzer [Leumnitzer] Seite eingeschlagen oder sonst etwas darbey prästiret [geleistet]
              hätten.
        1711 erhielt die Zwötzener Kirche zwei neue Glocken, die aus der einen alten gegossen wurden.
        Bezahlt wurden sie offenbar aus Spendengeldern.
        Trotz  des  Hochwasserschadens,  trotz  der  plötzlichen  Armut  und  trotz  aller  Schwierigkeiten
        blieb Pfarrer Elias Seidel bis zu seinem Tode knapp 34 Jahre im Amt. Er verstarb mit Mitte fünf-
        zig am 28. Januar 1719 in Zwötzen.

                                                               Uwe Lehmann






           Literatur: P. Heller (Bearb.): Thüringer Pfarrerbuch Band 4: Die reußischen Herrschaften. Leipzig
        2004, S. 284. – W. Kochendörfer et al.: Zwötzen 1314–2014. Gera 2014, S. 87–89. – U. leh-
        mann: Die Familie derer von Lüschwitz zu Zwötzen. Gera 2017, S. 37.






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