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Bachelorarbeit Fachhochschule Erfurt
Großprojekte als Instrument der Stadtentwicklung Stadt- und Raumplanung
der vorhandenen Infrastruktur sowie eine Imageverbesserung die Folge sein. Dies hat
neben der städtischen Aufwertung auch eine Steigerung der Handlungsfähigkeit der
Politik zur Folge und kann so der allgemeinen Politikverdrossenheit entgegenwirken.
Eine große Chance besteht darin, Bürger in Beteiligungsprozesse der Stadt einzubezie-
hen. Das Interesse der Bürger ist hierbei im Vergleich zu formellen Beteiligungsverfah-
ren höher einzustufen (vgl. Altrock, Kunze, Schmitt, Schubert 2011: 21 ff.).
Oftmals sind Großprojekte in der Lage, Impulse für strategisch notwendige städtische
Entwicklung, aber auch für regionale Kooperationen zu geben. Fehlende Finanzen für
kommunale und regionale Pflichtaufgaben können durch private oder überregionale
Mittel im Rahmen der Großveranstaltungen ausgeschüttet werden (vgl. Huning, Peters
2003: 6ff.)
Die Städte müssen für die Finanzierung der Projektmaßnahmen häufig in Vorleistungen
gehen und ignorieren die zusätzlichen Betriebskosten der baulichen Maßnahmen nach
dem Veranstaltungszeitraum. Des Weiteren können Großprojekte aber auch Weichen-
stellungen für die zukünftige Stadtentwicklungspolitik sein, werden aber immer häufi-
ger von externen Beraterbüros geplant und nicht von der lokalen Politik und den ent-
sprechenden Fachressorts. Dies birgt das Risiko eines erfolgreich umgesetzten Projek-
tes, aber keiner adäquaten Stadtentwicklungsstrategie (vgl. Schubert 2015: 156ff.).
Auf Grund der zunehmenden Standortwettbewerbe der Städte werden Großprojekte
mit enormen Antrieben in der Stadtentwicklung verbunden. Die Außeralltäglichkeit
wird genutzt, um Einschränkungen, die in der alltäglichen Planung vorherrschen, auf-
zuheben, was in der Folge möglicherweise die Handlungsfähigkeit der Stadtpolitik ein-
schränkt, zwiegespaltene Akteure hinterlässt oder zu einer Überlastung des Finanz-
haushaltes führt (vgl. Ibert 2007: 87).
Die moderne Stadtentwicklung nimmt durch die Bündelung und den Einsatz von Mit-
teln, wie beispielsweise bei Großprojekten, in scheinbar erfolgsversprechenden Hand-
lungsfeldern Eigenschaften des profitorientierten Marktes an. Diese Entwicklung bürgt
die Gefahr des unzutreffenden Einsatzes öffentlicher Mittel (vgl. Krüger 2007: 33).
Eine zentrale Problematik von Großprojekten ist in der Praxis das breite Themenspekt-
rum und das damit verbundene, breitgefächerte Wirkungsfeld. Die unzähligen Informa-
tionen benötigen in der Planung und Umsetzung Experten aus mehreren Fachgebieten,
wobei es für einzelne Experten eine schwierige Aufgabe ist, über die Großprojekte zu
entscheiden. Diese Entscheidungsgewalt verlagert sich somit in die politische Ebene
(vgl. Thießen 2012: 11.f).
Oftmals löst die Komplexität und Interdisziplinarität von Großprojekten eine Resigna-
tion der Menschen gegenüber dem Projekt aus. Diese Tatsache erschwert der Stadtpla-
nung, die Bevölkerung für das Projekte zu begeistern und in die Umsetzung zu integrie-
ren. Auch frühzeitige Projektinformationen beeinflussen die Bevölkerung oft nicht. Erst
eigene Berührungspunkte in Form von persönlicher Beeinträchtigung lösen Reaktionen
dem Projekt gegenüber aus (vgl. Thießen 2012: 20).
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